Hartmann Möbel: Vertragsstorno wegen falscher Rabattrechnung?
Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht eine Nachricht von Möbelkäufern erhalte, die ihren erst kürzlich geschlossen Kaufvertrag stornieren wollen. Heute Morgen fand ich folgende E-Mail von Andrea Neubauer in meinem Postfach (Namen und Firmen sind anonymisiert):
Betreff: Rücktritt vom Kaufvertrag
Am 29.10. habe ich im Möbelhaus S. einen Kaufvertrag für Hartmann Möbel abgeschlossen (Anwesende: Ich, mein Freund und meine Eltern), weil es an dem Tag angeblich 35% Rabatt auf Neuverträge gab und zusätzlich nur an diesem Tag weitere 10%. Also bekomme ich einen Nachlass von 45%. Dies nickte auch der Verkäufer ab. Der Ursprungsbetrag für die Hartmann Möbel war 7.354,00 €. Minus 45% (3.309,30 €) macht das 4.044,70 €.
Der Verkäufer stellte allerdings einen Betrag von 4.200,44 € in Rechnung. Wir wollten das Kaufhaus eigentlich verlassen, als mir der Fehler auffiel. Wir gingen zurück, um den Verkäufer zur Rede zu stellen. Dieser meinte, alles habe seine Richtigkeit. Also gingen wir dann doch. Aber zu Hause setzte ich mich hin, weil ich aus der Bankenbranche komme und es nicht auf mir sitzen lassen wollte. Am 31.10. standen wir dann wieder beim Verkäufer auf der Matte und stellten unsere Rechnung vor. Dann erkläre er: Ursprungsbetrag 7.354,00 € – (35%) 2.427,00 € => 4.927,00 € – (10%) 596,65 € => 4.330,35 € – (3% Skonto wegen Barzahlung 1.800,00 €) 129,91 € => 4.200,44 €.
OK dachte ich mir, dann habe ich mich verrechnet. Zu Hause noch einmal hingesetzt und nachgerechnet. Aber auch wenn ich es so rechnete wie der Verkäufer kam ich auf 125,25 € weniger als er. Am nächsten Tag also wieder hin. Dann legte ich meine Rechnung vor: Ursprung 7.354,00 € – (35%) 2573,90 € => 4.780,10 € – (10%) 578,87 € => 4.201,23 € – (3%) 126,04 € => 4.075,19 €.
Jetzt kam der Hammer, denn der Verkäufer meinte, dass es falsch sei, wie ich es rechne. In den 35% seien bereits 3% Skonto enthalten, also bekäme ich nur effektiv 32% auf den Ursprungsbetrag der Hartmann Möbel. Die 3% werden erst nach allen Nachlässen abgezogen. Dies stand aber nicht auf den Schildern. Als wir dem Verkäufer sagten, dass dies Augenwischerei sei, meinte er nur, dass es irgendwo in den AGB stehen würde. Uns gab er aber 3% Skonto, da ich eine Anzahlung leistete.
Nach diesem Schock besprachen wir alles zuhause und stornierten den Vertrag per E-Mail, per Brief und per Fax. Als ich 2 Tage lang nichts hörte, rief ich bei S. in F. an. Eine Sachbearbeiterin meinte, die Schreiben seien eingegangen und ich würde noch Post erhalten. Ich fragte, was das heißen soll. Sie meinte, sie hätte den Vertrag jetzt auf Eis gelegt und würde 2 Wochen auf meine Reaktion warten. Als ich meinte wieso, sagte sie mir, ich als Käufer hätte kein Recht einen Vertrag zu stornieren oder zu widerrufen und 25% der Kaufsumme würden sie sich einbehalten. Diesen Betrag müsste ich bis Oktober 2012 verbraucht haben, sonst würde er verfallen. Dieses Vorgehen stünde in den AGB.
Darauf meinte ich: Also müsse ich vor einem Abschluss erst einmal alles durchlesen bevor ich unterschreibe. Darauf meine Sie Ja. Des Weiteren sagte ich ihr, dass ich ein günstigeres Angebot erhalten hätte und deswegen den Vertrag storniere und weil nicht das verrechnet wurde, was beworben wurde.
Was kann ich hier tun? Ich will die komplette Anzahlung sowie die Stornierung ohne Kosten haben. Bitte nehmen Sie mit mir dringend Kontakt auf! Vielen lieben Dank, Andrea Neubauer.
TV-Möbelexperte Heinz G. Günther warnt:
"90,6% aller Möbelkäufer:innen zahlen zu viel, weil Sie diese 9 Tricks der Händler nicht kennen." Mehr erfahren...
Ich schrieb zurück:
"Hallo Frau Neubauer, vielen Dank für Ihre Nachricht.
Was Sie mir schildern, ist letzten Endes eine Rechtsfrage. Zu einer Rechtsberatung bin ich nicht befugt. Ich kann Sie daher nur an einen Rechtsanwalt verweisen. Meine persönliche Meinung zu Ihrem Fall darf ich allerdings äußern:
Sie sind leider in eine typische Rabattfalle getreten. 45% Nachlass auf Hartmann Möbel können nur auf einen sogenannten Mondpreis bzw. auf einen überhöhten Listenpreis gegeben werden, sonst würde sich der Händler selbst ruinieren. Trotzdem sind Ihre Chancen, aus dieser Sache schadlos herauszukommen, nach meinen Erfahrungen gleich Null.
Ein Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht bei einem Möbelkauf existiert nur in wenigen Ausnahmefällen. Der Grund, ein günstigeres Angebot erhalten zu haben, zählt selbstverständlich nicht dazu. Wo käme man denn da auch hin?
Und zu beweisen, dass Sie durch die Werbung irregeführt worden sind bzw. nicht das erhalten haben, was beworben wurde – also ein Verstoß des Händlers gegen das UWG vorliegt – wird Ihnen ebenfalls kaum gelingen.
Blindes Vertrauen, eine voreilige Unterschrift und anschließende Kaufreue (Vertragsstornierung) kosten immer Lehrgeld. 25% der Kaufsumme sind in der Möbelbranche üblich und völlig rechtens.
Sie können sogar noch froh darüber sein, dass Ihnen der Möbelhändler die Gelegenheit gibt, die ihm zustehenden 25% Schadenersatz auf Ihren nächsten Möbelkauf anzurechnen. Er könnte nämlich ebenso Ihre 1.800,00 € aus dem Safe holen, seinen 25%-igen Schadenersatz abziehen und Sie dann einfach mit dem Restgeld nach Hause schicken.
Ich bin gewiss nicht schadenfroh. Ganz im Gegenteil. Es stimmt mich jedes Mal sehr traurig, wenn ich sehe, wie sorglos die Meisten an Ihren Möbelkauf herangehen.
Hätten Sie meine Internetseite vor Ihrem Kauf gefunden und meinen Ratgeber Clever Möbel kaufen gelesen, wäre Ihnen das ganz sicher nicht passiert. Und Ihre Hartmann Möbel hätten Sie ebenfalls deutlich günstiger bekommen. Vielleicht holen Sie das ja vor Ihrem nächsten Kauf noch nach.
Bleibt mir also nur, Ihnen viel Erfolg bei der Auseinandersetzung mit dem Händler zu wünschen. Mehr kann ich leider nicht für Sie tun."
Hallo,
ich kann nicht einmal nachvollziehen, wie die oben ausgewiesenen 10%-Werte zustande gekommen sind:
4.927,00 € – (10%) 596,65 €
4.780,10 € – (10%) 578,87 €
M.E. wären nur 492,70 € bzw. 478,01 € abzuziehen, was per se bedeuten würde, dass nicht nur in der Berechnung der Frau Neubauer zuviel abgezogen wurde.
Auch der Händler hat erst 33% (statt 35%-3%=32%) und dann rd 12% und dann nochmal 3% in Abzug gebracht.
Interessant finde ich auch, dass er die 3% nicht auf den angezahlten, sondern auf den Rechnungsendbetrag (vor Skonto) gewährt.
Kurzum: M.E. stimmt hier keine der Berechnungen, obwohl ein Kaufmann und eine Bankbedienstete gerechnet haben… Erschreckend.
MfG
Schröder (Berlin)
Diese Bankdame tut mit überhaupt nicht Leid. Wegen einer geringfügigen Differenz (im Verhältnis zum Gesamtpreis) riskiert sie einen wesentlich größeren Verlust und besorgt sich jede Menge Stress für die nächsten Monate.
Also klar ist nur eins: Rechnen können beide nicht. Weder Verkäufer noch die Kundin.
Egal welchen Reihenfolge die Nachlässe abgezogen werden.
10 % von 4780,10 sind eben mal € 478,01 und nicht € 578,87
€ 7.354,00 – 45 % = € 4.044.70
oder
€ 7.354,00 – 35 % = € 4.780,10 – 10 % = € 4.302,09
oder
€ 7.354,00 – 32% = € 5.000,72 – 10 % = € 4.500,65 – 3 % = € 4.365,63
Wenn der Händler auf seinen Schildern 35 % Rabatt anbietet und nicht dabeisteht, dass dieser an eine Anzahlung gebunden ist, dann muss er diesen auch gewähren und am Stück abziehen. Plus diesen Zusatzrabatt.
Und dann ist natürlich die Frage, von welcher Basis der Nachlass von 35 % gegeben wird. Ein seriöser und fair kalkulierender Möbelhändler kann einfach derartige Rabatte nicht geben. Das geht nur, wenn die oft zitierten „Mondpreise“ zugrunde gelegt werden.
Dass es zu besonderen Anlässen schon mal 10 % Aktionsnachlass gibt, ist üblich. Und wenn dann der Händler noch eine Preisgarantie oder Tiefpreisgarantie gibt, ist der Kunde auf der sicheren Seite, was den Preis anbelangt. Er kann zwar nicht vom Vertrag zurücktreten, aber er bekommt zumindest den gleichen Preis für das günstigere Angebot und ggf. noch eine Extranachlass als Gutschein.
Also Augen auf beim Möbelkauf. Vorher den Markt checken, sich nicht % blenden lassen, sondern die Endpreise und die dazugehörige Leistungen vergleichen.
Ach ja, ich bin seit nunmehr 44 Jahren im Möbeleinzelhandel tätig und meine daher ein wenig Sachkenntnis zu haben.