Italienische Designermöbel: Design and Crime
Sein Lieblingslied pfeifend, lenkt er den Lastwagen auf den geräumigen Hof. Noch ein prüfender Blick: Ja, die Adresse stimmt. Aber was ist denn das?
Da rennen mindestens vier oder fünf Uniformierte auf ihn zu, postieren sich um den LKW. Einer öffnet die Fahrertür und fordert ihn auf auszusteigen. Im Reflex hebt er die Hände und lässt sie erst wieder sinken, als er keine Waffen sieht.
Man hält ihm einen Durchsuchungsbefehl unter die Nase und dann geht es los. Der LKW wird auf den Kopf gestellt. Sorgfältig wird die Ladung mit der Ladeliste verglichen. Die Lieferliste mit den Adressen der Käufer muss er herausrücken. Die Ladung wird beschlagnahmt:
Es sind italienische Designermöbel, nachgebaute Modelle des bekannten Bauhaus-Designers Le Corbusier (LC). Ihre lange Reise aus Italien endet hier abrupt. Die privaten Käufer warten noch heute auf ihre Lieblingsmöbel. Manche hatten sie bereits voll bezahlt.
Die Aktion hatte ihren Ursprung beim Nobelhersteller Cassina SPA, I-20036 Meda (CO). Der zahlt hohe Lizenzgebühren an die Le Corbusier-Stiftung in Paris und muss voller Wut mit ansehen, wie in Italien produzierte „wilde“ Kopien massenweise nördlich der Alpen verkauft werden. Deshalb hatte er über seine Dependance in Deutschland Testkäufe beim Internethändler D., (Name aus rechtlichen Gründen anonymisiert) getätigt und anschließend die deutsche Staatsgewalt bemüht.
Die Rechtslage beim Urheberschutz hierzulande lässt das zu. In Italien schert man sich nicht darum. Die Harmonisierung des Urheberrechtsschutzes in der Europäischen Union lässt auf sich warten.
Wir, die Liebhaber der klassischen Designermöbel von Le Corbusier, Eileen Gray, Mies van der Rohe, Marcel Breuer usw. wollen dennoch nicht von ihnen lassen. Aber Cassina mit seinen Lizenz-Produktionen fett füttern wollen wir auch nicht.
Was bleibt uns da? Weitermachen wie bisher?
Wenn es ganz dicke kommen sollte, wird uns der frisch gelieferte, italienische Designermöbel-Klassiker aus der Wohnung heraus beschlagnahmt. Aber das ist eher unwahrscheinlich…
Genauso unwahrscheinlich, dass Sabine Christiansen die Mies-van-der-Rohe-Lederstühle weggenommen werden, auf denen sie im Ersten Deutschen Fernsehen mit ihren Gästen talkt.
Als ich dort nach der letzten Sendung anrief, gab man sich ahnungslos, wollte sich aber informieren und mir Bescheid sagen. Bis jetzt kam noch nichts. Mit Spannung erwarte ich die nächste Sendung. Vielleicht sind dann die Stühle durch andere ersetzt…