Preisbindung im Möbelhandel: Poker mit „Direkt“, „Vertikal“ und „Selektiv“
Bisher ist der Rabatt ein probates Mittel, den Möbelpreis in für den Möbelhändler angenehmen Höhen zu halten. „Wie das?“, fragen Sie vielleicht, „Rabatt soll den Preis hoch halten? Ein Rabatt senkt doch den Preis.“ Ja, aber welchen Preis?
Immer mehr Möbelkäufern wird klar: Da schraubt doch einer die Preise auf dem Papier in Schwindel erregende Höhen, um sie anschließend im Verkaufsgespräch per Rabatt wieder runterrechnen zu können, ohne dabei etwas von seinem Gewinn abgeben zu müssen.
Weil diese Masche vielleicht nicht mehr lange funktionieren wird, verabschieden sich die Händler langsam vom Rabatt. Zumal es bereits neue Wege gibt, um ein hohes Preisniveau zu halten.
Und da kommt die Möbelindustrie, also die Möbelhersteller, ins Spiel. Dort ist man es leid, wie der Möbelhandel einerseits gutes Geld vom Kunden holt und andererseits die Einkaufspreise immer stärker zu drücken versucht. So verkündigte denn auch der VDM – Verband der Deutschen Möbelindustrie – sinngemäß:
„Die Vermarktung von Möbeln muss stärker von der Herstellerseite gesteuert werden. Denn der Handel kommuniziert mit dem Verbraucher fast nur über den Preis, anstatt die Begehrlichkeiten für Möbel und Wohnen zu wecken.“
Für mich heißt das im Klartext: Einen Preisvergleich darf es – bitteschön – nicht mehr geben. Wie man das macht?
Ich kenne drei grundsätzliche Methoden, mit denen das bewerkstelligt wird und die ich bezeichnen möchte mit „Direkt“, „Vertikal“ und „Selektiv“.
Mit Direkt meine ich nicht den „Verkauf direkt ab Fabrik“ nach dem Credo: „Weil kein Händler dazwischen ist, sind wir billiger.“ Das mag es vereinzelt noch lange geben. Nein. Bei diesem „Direkt“ kooperieren Hersteller mit Händlern oder kaufen sie gar auf.
Beispiele sind: HTL, Singapur, der sich die Filialkette Domicil einverleibt hat, oder der schwedische Küchenkoloss Nobia, dem sich die Küchenfilialisten Plana, Marquardt und andere hingegeben haben. Diese Händler sind gebunden an die Produkte, die ihnen ihre Hersteller bieten. Auch der Preis für den Kunden wird vorgegeben.
Mit Vertikal bezeichne ich es, wenn den Kunden Möbelkollektionen unter klangvollen Fantasienamen, die so genannten Handels- oder Eigenmarken, präsentiert werden. Das geschieht inzwischen in praktisch allen Möbelhäusern. Beispiele sind hier die Marken „Manzini“, „Max Berger“ oder „Mondo“.
Sollte ein Kunde nun im Internet nach den Herstellern Manzini, Max Berger oder Mondo suchen, findet er nichts, weil es solche nicht gibt. Die Ware produzieren etablierte Hersteller, die verdeckt bleiben, oder sie kommt von einer Vertriebsgesellschaft, die vielleicht aus China importiert. Aber das Ziel ist erreicht: Die Vermarktungslinie dieser Kollektion ist vertikal festgezurrt. Der Preis ist überall gleich. Preiswettbewerb findet nicht mehr statt.
Die dritte, von mir als Selektiv bezeichnete Methode, funktioniert hauptsächlich bei Möbelmarken (Brands). Der vom Publikum anerkannte Markenstatus hat dem Hersteller eine gewisse Marktmacht verliehen. Sie erlaubt es ihm, sich seine Händler auszusuchen und sie auf Preisdisziplin zu verpflichten. Wer ausschert, wird nicht mehr beliefert. Beispiele sind die Hersteller Ekornes (Stressless), Paidi oder Moll. Auch Hülsta liegt auf dieser Linie.
Hin und wieder fragen mich Leser ganz offen: „Gibt es eine Preisbindung bei Möbeln?“
Nein, natürlich nicht. Für clevere Möbelkäufer sind die drei erwähnten Vermarktungsstrategien eine Herausforderung. Sie wissen aber auch aus Clever Möbel kaufen, wie sie da rangehen müssen, um diese Nüsse zu knacken.